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Hochsensibel

Warum hochsensible Menschen so schnell überflutet sind mit Gefühlen und wie sie sich selbst besser schützen können

Hochsensibel zu sein ist nicht immer ein Vergnügen.

Das Ausloten der eigenen Grenzen und das zarte Betasten des eigenen Rahmens, in dem man sich mit Wohlbefinden bewegen kann, ist manchmal schwierig. Obwohl gerade eben noch alles in Ordnung war und wir, trotz aller Hochsensibilität, glaubten uns in Sicherheit wägen zu können und kein Alarmlämpchen auch nur aufflackerte, schrillt plötzlich die Alarmglocke und das Rundumwarnlicht blitzt stroposkopartig auf. Von einer Sekunde auf die nächste fühlen wir uns als hätte jemand unseren Akku bei -40°C ins Freie gelegt und wir können förmlich dabei zusehen, wie die soeben noch vorhandenen 80% Akkuleistung schwinden und drohen in den roten Bereich zu fallen. Als hätten wir an irgendeiner Stelle unseres emotionalen Körpers eine undichte Stelle, tröpfelt unser Kraft, unsere gesamte Energie und Leichtigkeit vehement aus uns heraus, bringt uns in ernsthafte emotionale Schwierigkeiten bis sich der Not-Modus aktiviert, wir einen Tunnelblick bekommen und nur noch rudimentär funktionieren. Unser gesamter Organismus gleicht einem Reaktor knapp vor der Kernschmelze und switcht in den Überlebensmodus. Von Achtsamkeit ist kaum mehr die Rede, von Dankbarkeit ganz zu schweigen. Wir können die kleinen Dinge um uns herum nicht mehr wahrnehmen, Empathie für Andere wird schwer und zäh wie alter Kaugummi. Wir wollen weg, raus aus der Situation, uns zurückziehen, allein sein, uns abschotten von den Reizen, die permanent auf uns einströmen, uns auslaugen und überfordern.

Hochsensibel

Es ist völlig egal, ob es sich dabei um Emotionen handelt, die wir als positiv oder als negativ bewerten. Freude strengt uns Hochsensible genauso an wie Traurigkeit oder Wut. Selbst wenn wir total euphorisch sind und dies auch tatsächlich genießen können, uns in die Emotionen hineinbegeben, in ihnen aufgehen und ganz den Moment in all seiner Schönheit erleben, merken wir irgendwann, dass wir unsere Kraft verlieren und wieder zur Ruhe kommen müssen, eine Pause brauchen oder sogar auf Rückzug zurückgreifen müssen. Es ist ja nicht so, dass wir das nicht weiterhin genauso fühlen und erleben wollen, aber wir können es einfach nicht.

Übernahme fremder Gefühle

Was uns Hochsensiblen mindestens ebenso zu schaffen macht wie die eigenen Emotionen, sind die Gefühle Anderer. Hochsensible Menschen nehmen extrem fein und vor allem detailreich wahr. Beinahe wie Schwämme gehen sie durch ihre Umwelt und saugen alles, was um sie herum passiert, auf. Alles hinterlässt eine Spur in ihnen. Sie nehmen sogar Dinge auf, an denen sie nicht unmittelbar beteiligt sind. Sie erspüren ihre Umwelt, die Menschen um sie herum und all die Energien, die uns alle tagtäglich umgeben. Schließlich sind wir letztlich immer und zu jedem Zeitpunkt mit allem verbunden sind. Wir sind niemals wirklich allein und nie wirklich getrennt. Und während sich „normal-sensible“ Menschen zum Teil bewusst auf ihre Wahrnehmung konzentrieren müssen, nehmen Hochsensible alles auf, was um sie herum schwingt und vibriert, fühlt und lebt. Als würden sie, ähnlich wie beim Sichtfeld, über eine periphere emotionale Wahrnehmung verfügen. Sie sind eine Art Empfänger mit unzähligen kleinen, aber feinen Antennen, der sich nicht aussuchen kann, was er empfängt. Aufbauend auf unser Grundwesen, das bestimmt wird durch unser bei der Geburt angelegtes Wesen, unsere im Leben gemachten Erfahrungen, Konditionierungen und  Glaubensmuster formt sich unsere eigene Wahrheit über unser Leben. Wir bilden unsere eigene Realität. Und in diese hinein empfangen hochsensible Menschen all die Emotionen, Stimmungen und Energien ihrer Umwelt, die dann entsprechend auf sie einwirken:

Den ganzen Tag über fremden Energien ausgesetzt

Schon morgens erste Emotionen, die von den eigenen Kindern auf uns überschwappen können,  eine Mischung zwischen den kindlichen Gefühlsausbrüchen und dem, was das bei uns als Eltern auslöst. All das, was in vollgestopften öffentlichen Verkehrsmitteln auf uns einwirkt und die Luft zum Schneiden dick ist, nicht nur, weil Frischluft fehlt, sondern weil all die Energien sich auf kleinstem Raum stauen. Ein Job, in dem man über viele Stunden hinweg neben seinen beruflichen Pflichten, Aufgaben und Verantwortungen auch noch mit vielen Menschen zu tun hat, die alle mit ihrem eigenen Päckchen daherkommen. Und nach getanem Tagewerk all das, was unsere Familie zu berichten und mitzuteilen hat. Über viele Stunden an einem einzigen Tag hinweg sind Hochsensible allem ausgesetzt, was auf sie einprasselt. Hier setzt eine energiegeladene Situation zu, da ist es zu laut und/oder zu hell, dort gibt es einen Konflikt. Somit ist für hochsensible Menschen jeder einzelne Tag anstrengend, auslaugend und mühsam. Nicht selten fühlen sie sich einem enormen Stresspotential ausgesetzt, obwohl sie selbst hinterher sagen, dass es eigentlich im Tagesverlauf keine explizit stressige Begebenheiten gegeben hat. Und für normal-empfindsame Menschen hat es vielleicht noch nicht einmal ausgereicht, um sie zu fordern. 

Wir Hochsensiblen fühlen uns dann manchmal wie ausgeliefert, zertreten, fern von uns selbst. Wir leiden, ohne dass wir krank sind. Unser körperliches Unwohlsein ist für uns so präsent, so stark ausgeprägt, so tief als wäre jede Faser unserer Körpers, jede einzelne Zelle in uns erschöpft und müde. Wir fühlen uns schwach und dünnhäutig, regelrecht körperlich krank, ohne präzise Symptome benennen zu können. Wie ein überlastetet Stromnetz vorm Blackout. 

Hochsensibilität ist nicht „heilbar“

Nicht selten wünschen wir uns dann, etwas weniger sensibel zu sein. Nicht nur, dass das, was emotional in uns passiert, extremer ausfällt und wir die Gefühle sehr tief und ausgeprägt spüren, wir brauchen auch hinterher einige Zeit mehr als andere Menschen, um uns davon zu regenerieren. Und oft braucht es bestimmte Bedingungen für unsere Erholung, die jeder hochsensible Mensch nur für sich selbst herausfinden kann.

Doch können wir gegen unsere hohe Sensibilität nicht angehen. Sie ist da. Wir sind – mit ihr gemeinsam – genau der Mensch, der wir sind. Sie ist ein Teil von uns. Eine Besonderheit, die wir annehmen lernen müssen. Hochsensibilität ist auch nicht heilbar oder abtrainierbar und kann auch nicht unterdrückt werden. Wir können lediglich den Umgang mit ihr lernen, uns unserer Selbst annehmen und uns liebevoll um unser jochempfindliches Wesen kümmern. 

Um uns selbst ein wenig vor den Energien und Gefühlen Anderer zu schützen, gibt es ein paar Tricks, die ich Dir in Folge etwas näher bringen möchte. 

Werde achtsam und bleibe ganz bei Dir selbst

Achtsamkeit bei Hochsensibilität kann erst einmal komisch klingen für die Hochsensiblen unter uns, die bereits wissen, was es mit der Achtsamkeitspraxis auf sich hat. Dort schult man seine Wahrnehmung, was auf den ersten Blick nicht zielführend wirkt bei Menschen, die bereits zu viel und zu fein wahrnehmen.

Doch so paradox es auch klingen mag, hilft uns gerade die Achtsamkeit dabei bei uns zu bleiben und unsere Antennen von der Außenwelt abzuziehen und sie nach innen – zu uns selbst – zu richten. 

Achtsamkeit hat nur den kleinen Haken: Sie muss trainiert werden. Immer wieder wird sie mit einem Muskel verglichen, der vor einem Training ein ganz normaler Muskel ist, den man jedoch für sportliche Zwecke durchaus trainieren und aufbauen kann. Zu Beginn mag dies noch ein wenig anstrengend sein. Es kann sich auch „Muskelkater“ einstellen, der einem suggerieren möchte, dass man das alles vielleicht doch so nicht braucht und man vielleicht doch lieber unachtsam bleibt. Man muss sich am Anfang tatsächlich ein wenig anstrengend und die Kraft aufbringen achtsam zu sein, den dichten Nebel der Unbewusstheit zu durchbrechen, um das Licht zu sehen, das dahinter liegt. Ein Licht, das übrigens hinter allem liegt und das immer und ewig leuchtet. Für jeden von uns. Das Licht der Achtsamkeit ist nicht nur für bestimmte Menschen da. Manche Menschen glauben, dieses „Licht“, diese Leichtigkeit der Achtsamkeit erleben nur „Erleuchtete“. Aber das stimmt nicht ganz. Dieses Licht kann jeder von uns sehen und zwar in jedem Augenblick, in dem wir achtsam sind. Dann sind auch wir erleuchtet. Nur versinken wir ganz oft schon nach wenigen Momenten wieder zurück in den Nebel der Unachtsamkeit, zurück in den Dunst der Unbewusstheit. Schnell zerren die Sorgen der Vergangenheit und die Ängste vor der Zukunft wieder an uns, hängen wie Zementblöcke an unseren Füßen und ziehen uns mit dem Kopf unter die Nebelgrenze, die uns vom Licht der Achtsamkeit trennt. 

Hochsensibel

Aber ich garantiere Euch, die Mühe lohnt sich durchaus. Nicht nur, weil Achtsamkeit im Alltag für uns alle eine unglaublich große Bereicherung darstellt, sondern auch weil sie uns Hochsensiblen  dabei hilft, unsere Wahrnehmung ein wenig zu lenken, die ohne Achtsamkeit wie ein wildgewordener Gartenschlauch mit zu viel Wasserdruck durch die Gegend springt. 

Mit Achtsamkeit können wir uns besser fokussieren und wir als zu Hochsensibilität veranlagte Menschen entscheiden ein wenig mehr selbst darüber, wo unsere Aufmerksamkeit verweilt und  damit auch darüber, was auf uns einströmt. 

Drei Arten, um mit Deiner Achtsamkeit bei Dir selbst zu bleiben

Auch wir Hochsensiblen sind verantwortlich für uns selbst und unser eigenes Wohlbefinden. Wir können nicht anderen Menschen die Schuld daran geben, dass sie uns die Energie in so hohem Maße rauben. Manche Menschen sind präsenter als andere in ihrer ganzen Art. Sie sind sehr fordernd in ihrem Auftreten und ihrem Sein. Sie sind regelrechte Energieräuber, ohne es zu wissen. Das sind sie nicht mit Absicht. Auch für sie ist das einfach ihr Wesen. Sie können nicht anders sein als sie sind, wie wir als hoch empfindsame Menschen nicht ändern können, dass uns ihre übermäßige Präsenz zu schaffen macht. Sie können nicht lernen sich im Versprühen ihrer Energie zurückzuhalten und können ebenso wenig lernen ihr raumeinnehmendes Wesen zu zähmen. 

Das müssen sie auch nicht, denn schließlich liegt es an uns selbst uns soweit zu öffnen, um erkennen zu können, dass wir keine hilflosen Opfer äußerer Begebenheiten sind. Wir können lernen uns besser zu regulieren und nicht alles ungefiltert an uns heranzulassen. Das heisst, wir können lernen uns unserer eigenen Wahrnehmung bewusst zu werden und diese dann  auch bewusst zu steuern und zu lenken. 

Es gibt zwei gute Wege, um bei Dir selbst zu bleiben und mit Deiner eigenen Energie schonend und sparsam umzugehen: 

1. Verweile, so oft Du kannst, bei Deinem Atem

Unser Atem ist unser Freund. Dabei schenken wir ihm so wenig Aufmerksamkeit. Er wartete nach unserer Geburt auf uns, empfing uns und hieß uns willkommen in diesem Leben hier. Er ist immer da, begleitet uns auf all unseren Wegen, bei all unseren Unternehmungen und passt sich optimal an all unsere Begebenheiten an. Er ist die Funktion eines Körperorgans, die unwillkürlich passiert und ganz von allein ihr Werk tut, ohne dass wir darüber nachdenken müssen, doch haben wir gleichzeitig tatsächlich die Möglichkeit Einfluss auf unseren Atem zu nehmen. 

Atem

Und weil er immer vorhanden ist, ist unser Atem unser Anker. Werfen wir ihn aus und verbinden uns mit unserer Atemtätigkeit kommen wir sofort ins Hier und Jetzt. Wir können nicht in der Vergangenheit atmen und auch nicht in der Zukunft. Atmen geht immer nur im gegenwärtigen Augenblick

Nicht nur das bringt uns die Verbindung mit unserem Atem. Sie bringt uns auch unmittelbar in unseren Körper. Folgen wir unserem Atem, sind wir auch automatisch bei uns selbst und ganz in unserem Körper. (Vielleicht kennst Du diese Übung bereits aus der Meditation oder dem Yoga, und hier funktioniert es genauso.)

Es ist genauso einfach, wie es sich anhört: Werde Dir der Tatsache bewusst, dass Du atmest und folge Deinen Atemzügen. Verändere oder beeinflusse dabei Deinen Atem nicht. Nimm ihn nur so wahr, wie er bereits ist. Lass Dich von ihm mitnehmen, zentrieren und beruhigen. Verbinde Dich auf diese Weise mit Dir selbst und bleibe bei Dir, egal was oder wer Dir im Außen begegnet und  wie diese Begegnung auf Dich wirkt.

2. Nimm Deinen inneren Körper wahr

Der innere Körper ist ein Teil von uns. Er ist der gesamte Raum in uns. Wenn Du in die Stille gehst, beispielsweise in der Meditation, kannst Du ihn sehr gut fühlen. Eckhart Tolle spricht auch vom „Energiekörper“. Er ist aufgeladen und er flirrt ständig vor sich hin als hätte man immerzu ein leichtes energiegeladenes Vibrieren unter unserer Haut. Diese Energie ist mal stärker und mal schwacher zu fühlen. Wenn wir sehr im Außen orientiert sind, fühlen wir ihn überhaupt nicht, ja wir nehmen ihn dort nicht einmal wahr. Doch in der Stille, im einfachen Sein ist sie ganz präsent, unsere Lebensenergie, die uns verbindet mit allem in diesem Universum. Wir alle sind diese reine Energie. 

Verweis Du in diesem Energiekörper funktioniert das ähnlich wie der Mechanismus mit dem Atem. Du bleibst in ihm und nimmst nur von dort heraus wahr. Das heisst also, Du gibst Deine Achtsamkeit nie richtig auf in Situationen, die anstrengend sein können, sondern Du behältst immer einen kleinen Teil in Dir zurück. Und von dort aus schaust Du, wie sehr Du andere Menschen und ihre räuberische Energie an Dich heran lässt. 

3. Fühle Deine Verbindung zur Erde

Erde Dich. Nimm Kontakt zu Deinen Füßen auf und spüre ihren Kontakt zur Erde. Die Erde trägt Dich und schenkt Dir Sicherheit. Lass im Außen für einen Augenblick alles so sein, wie es ist und sei ganz bei Dir selbst. Schenke nichts im Außen mehr Bedeutung. 

Sei geduldig und vertraue

Und vergiß nicht: Es kann durchaus sein, dass es ein wenig dauert bis Du raus hast, wie Du Achtsamkeit aufbauen und über eine bestimmte Zeit auch aufrechterhalten zu können. Wichtig ist vor allem, dass Du Situationen erkennst, die emotional schwierig werden können für Dich, um Dich rechtzeitig zu wappnen, und zwar bevor der Überlebensmodus in Dir einschaltet. Vertraue Dir und verzweifle nicht. Steh Dir liebevoll gegenüber und geh verständnisvoll mir Dir und Deiner Hochsensibilität um. Sie ist nicht Dein Gegner, sondern ein Teil von Dir. Deswegen kannst Du nicht gegen sie ankämpfen. Würdest Du es versuchen (oder vielleicht auch nur weitermachen wie bisher), wirst Du niemals vorankommen, weil Du ja logischerweise immer einen Teil von Dir selbst bekämpfen willst. Wir können aber nicht Krieg und Frieden gemeinsam in uns vereinen. Alles gehört zu Dir.

Also akzeptiere es. Lass Deinen Groll los gegen die Teile, die nicht so sind, wie Du es Dir vorstellst. Lass Deine Erwartungen und Vorstellungen von Dir selbst los. Nimm Dich ohne Urteile und Bewertungen an und denke immer daran:

Du bist an Dir selbst das Wichtigste. ?

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