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Achtsamkeit

Was ist eigentlich Achtsamkeit?

Dieser Frage nachzugehen, ist fast noch subtiler als der Versuch zu erklären, was Meditation ist.

Um es vorwegzunehmen: Es gibt auf diese Frage keine eindeutige Antwort. Mit dieser Aussage wird nicht jeder zufrieden sein, der dies hier liest. (Damit nähern wir uns sogar quasi schon auf einem rein praktischen Weg der Achtsamkeit an, indem wir schauen, was es mit uns macht, wenn es auf etwas keine präzise Antwort gibt. Inwiefern kann Du diesen Umstand annehmen und akzeptieren?)

Achtsamkeit ist nichts, was mit Worten beschrieben werden kann. Dafür ist unser Wortschatz einfach zu grob. In unserer westlichen Welt haben wir bisher kaum Ausdrücke für all die Zustände und Ebenen, die man in seinem Bewusstsein erreichen und auch erforschen kann, wenn man nur tief in sich geht und sich der reinen Stille überlässt, dem wahren Sein. Im Buddhismus, wo die Disziplinen von Meditation und Achtsamkeit schon seit mehreren tausend Jahren praktiziert werden, liefert das Sanskrit wesentlich feinere, treffendere und vielschichtige Möglichkeiten des verbalen Ausdrucks. Auch wenn diese trotzdem immer nur Worte bleiben werden und nicht verwechselt werden dürfen mit der reinen Erfahrung eigenen Erlebens.

Selbst wenn sich viele Menschen über ihre Erfahrungen hinsichtlich von Achtsamkeit austauschten und alle davon andere Worte benutzten, alle Geschichten verschieden klängen, könnten dennoch alle Berichte dasselbe Ereignis beschreiben. Keiner dieser Berichte läge reell betrachtet näher oder ferner der Wirklichkeit.

„Die wirkliche Erfahrung liegt jenseits der Worte und hinter den Symbolen. Die Worte selbst sind nur blasse Schatten der Realität“ (Henepola Gunatarana)

Abgesehen von den Worten und selbst den damit gemachten Erfahrungen ist es nicht ganz einfach zu begreifen, was Achtsamkeit wirklich ist. Das liegt aber nicht daran, dass der Sachverhalt kompliziert oder unverständlich ist oder gar besonders viel Intellekt benötigt, um es zu verstehen. Ganz im Gegenteil. Weil die Achtsamkeit eine so unglaublich simple Sache ist, können wir sie nicht in ihrer Gänze ermessen.

Achtsamkeit ist Innehalten – der jetzige Moment in Reinform

Achtsamkeit bedeutet dem Augenblick im Hier & Jetzt auf eine ganz bestimmte Weise Aufmerksamkeit zu schenken. Sie ist die Wirklichkeit, die hinter all unseren Erfahrungen, Gedankenkonstrukten, Glaubenssätzen und Konditionierungen steckt. Sie ist immer da, doch können wir sie nicht immer wahrnehmen, weil uns Ängste, Sorgen und geistige Verstrickungen die Sicht darauf verstellen. 

Wir leben im Nebel der Unbewusstheit, der Tristesse der Automatismen, wohingegen die Achtsamkeit das Loch in der Wolkendecke darstellt, wodurch das reine Licht der Sonne wie ein Spotlight auf einen bestimmten Punkt fällt, der dann unsere Wahrnehmung erregt und uns einen Fokus im Nebel bietet und das Jetzt für uns sichtbar macht, von dem uns unser dauernd plappernder Geist ununterbrochen abzieht.

Achtsames Sein ist die Reflexion der Gegenwart, ein spiegelgleiches Abbild der Realität. Es zeigt, was ist. Es fügt nichts hinzu und lässt nichts weg. Achtsamkeit ist nicht voreingenommen, nicht von Vorurteilen geblendet und auch nicht von bereits gemachten Erfahrungen verstellt, lebt nicht in der Vergangenheit und eilt der Zeit auch nicht in die Zukunft voraus.

Achtsamkeit ist die reine Beobachtung des jetzigen Augenblicks. Der unverklärte Blick auf die Wirklichkeit. Die Sicht eines Anfängergeistes. Es ist die Bereitschaft, jeden Augenblick im Leben so anzunehmen, wie er ist und ihn nicht durch Bewertungen und Beurteilungen zu verzerren und zu entstellen. Die Bereitschaft sich dem Fluß des Lebens zu überlassen, keinen Widerstand aufzubauen und es mit allen Sinnen wahrzunehmen.

Hier dazu mal ein Beispiel anhand einer kleinen buddhistischen Geschichte:

Eine kleine Geschichte über das große Glück der Achtsamkeit

Einige Schüler fragen ihren Zen-Meister
warum er so zufrieden und glücklich ist:

Der Zen-Meister antwortet:
“Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich
gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze, dann
sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich,
wenn ich liebe, dann liebe ich …”

“Das tun wir auch, antworteten seine
Schüler, aber was machst Du darüber
hinaus?” fragten Sie erneut.
Der Meister erwiderte:
“Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich
gehe, dann gehe ich, wenn ich … ”

Wieder sagten seine Schüler:
“Aber das tun wir doch auch Meister!”
Er aber sagte zu seinen Schülern:
“Nein – wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon,
wenn ihr steht, dann lauft ihr schon und wenn
ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.”

Achtsamkeit ist das Wahrnehmen der Dinge, die jetzt in diesem Moment um einen herum, in einem und mit einem selbst passieren. Das heisst, dass der Geist nicht woanders ist als der Körper in diesem Moment.

Achtsamkeit ist Beobachtung ohne Bewertung 

Den ganzen Tag über ist unser Geist mit Bewerten und Urteilen beschäftigt, während er all unsere aufgenommenen Sinneseindrücke in Schubladen packt und ihnen einen Stempel aufdrückt. Nichts kann er umkommentiert lassen und es einfach so hinnehmen oder gar akzeptieren.

Sind wir achtsam, ist das eine Beobachtung der Ereignisse ohne jegliche Bewertung oder Kritik. Man geht ohne Erwartungen oder Vorstellungen an die Erfahrung des aktuellen Moments. Alle Dinge, die im Außen und Innen auftauchen, werden mit neutralem Interesse angenommen und bestaunt.

Man wird urteilsfreier Zeuge aller Geschehnisse, stiller Beobachter seiner selbst.

Warum achtsam sein?

Achtsamkeit ist einfach, dafür aber hochwirksam . Sie steigert unser Gewahrsein, bringt uns geistige und emotionale Klarheit und öffnet unser Verständnis für den Augenblick als auch für die Vergänglichkeit aller Dinge. Sie bringt uns Akzeptanz für das  Leben, seinen ständigen Veränderungen und Wandlungen gegenüber. Nichts ist jemals dauerhaft. Alles kommt und vergeht wieder. Die Dinge, die wir als gut einstufen, aber genauso eben auch die Dinge, die wir als schlecht bewerten.

Diese Aufmerksamkeit öffnet unser Auge fürs Detail, unser Bewusstsein für die Tatsache, dass unser Leben aus einer Abfolge von einzigartigen Momenten besteht. Augenblicke, die einzigartig sind, so noch nie da waren und so auch nie wieder da sein werden. Kein Augenblick gleich dem anderen, auch wenn uns das in unserer meist groben, oberflächlichen Wahrnehmung nicht auffällt, weil jeder Reiz in unserem Leben, mag er von außen oder von innen her kommen, das Potenzial hat, unsere Aufmerksamkeit vom jetzigen Moment abzuziehen.

Jon Kabat-Zinn beschreibt diesen Vorgang wie folgt:

„Wenn wir in vielen Augenblicken nicht völlig gegenwärtig sind, so übersehen wir nicht nur, was in unserem Leben am wertvollsten ist, sondern wir erkennen auch nicht den Reichtum und die Tiefe unserer Möglichkeiten, zu wachsen und uns zu verändern.

Ein verringertes Gewahrsein des gegenwärtigen Augenblicks zieht aufgrund unbewusster und automatischer Reaktionen, die häufig tiefen Ängsten und Gefühlen der Unsicherheit entspringen, unvermeidlich weitere Probleme nach sich. Setzt man sich mit diesen Problemen nicht auseinander, so häufen sie sich im Laufe der Zeit, bis wir schließlich das Gefühl bekommen, festgefahren zu sein und den Kontakt zu uns selbst und unserer Umwelt verloren zu haben.“

(John Kabat-Zinn)

Achtsamkeit integriert uns wieder in den Fluß unseres Lebens. Wir kommen dadurch mit unserer inneren Weisheit und tiefer Vitalität und Lebensfreude in Berührung, die unser eigentlicher und ursprünglicher Zustand ist. Aber sie ist noch viel weitreichender wirksam. Achtsamkeit öffnet unser Herz nicht nur für uns selbst, sondern überträgt sich auf unser ganzes Umfeld. Wir werden nicht nur mit uns selbst toleranter und einfühlsamer, sondern wenden diese Empathie dann auch auf die Menschen in unserer Umgebung.. ach, was sage ich, auf alle Menschen an, die uns im Leben begegnen:

„Wenn jedem 8-jährigen Kind auf dieser Welt Meditation beigebracht wird, beseitigen wir die Gewalt auf der Erde innerhalb von einer Generation.“

(Dalai Lama)

Die Achtsamkeit erhellt uns, lässt uns klarer sehen und Dinge/ Zusammenhänge besser verstehen, von denen wir vorher gar nicht wussten, dass es sie gibt, sie uns aber dennoch im Unterbewusstsein beschäftigen und beeinflussen. Sie bringt auch Aspekte unseres Daseins ans Licht, mit denen wir uns nicht auseinandersetzen wollen, wie Trauer, Verletztheit, Neid, Wut und Ängste. In Achtsamkeit ist es ein Aspekt diese tiefen Emotionen zuzulassen, die wir sonst lieber wegschieben  oder deren Ausdruck wir uns selbst nicht erlauben. Gleichzeitig unterstützt sie uns dabei, die schönen Gefühle wie Freude und Glück zu würdigen und diese in all ihren Farben zu erleben.

Achtsamkeit erlaubt unserem Geist neue Wege zu gehen, unserer Wahrnehmung eine vielfältigere und tiefgründigere Betrachtung des Moments und allem, was dieser für uns bereit hält. Sie befreit uns von Gewohnheiten, die uns selbst nicht zuträglich sind und ist Zugang zu Intuition, Kreativität, Klarheit und innerer Weisheit.

Warum Achtsamkeit & Meditation zusammengehören

Meditation und Achtsamkeit werden ganz oft in einem Atemzug genannt, denn: Wer meditiert, ist auch achtsam. Und wer achtsam ist, meditiert auch. Schließlich ist Meditation nicht nur das, was man sitzend auf einem entsprechenden Kissen oder Bänkchen praktiziert. Denn unser Leben findet ja keineswegs nur auf einem Kissen und im Schneidersitz statt. Daher braucht es etwas, dass uns hilft, die in der Meditation gemachten Erfahrungen in unseren Alltag zu übertragen und zu integrieren. Die Achtsamkeit ist dabei quasi das Mittel, mit dem dieser Transfer gelingt.

Deswegen ist Achtsamkeit immer auch ein meditativer Zustand im weiteren begrifflichen Verständnis. Sie ist die Brücke, das Verbindungsglied zwischen Meditation und Alltag. Achtsamkeit ist im Alltag gelebte Meditation. Sie überträgt die auf dem Sitzkissen gemachten Erkenntnisse in den Alltag. Genauso nehmen wir die Erfahrungen aus dem Leben mit in die Meditation, um uns dort in aller Ruhe und Stille mit ihnen auseinanderzusetzen, sie auf uns wirken zu lassen und in all ihren Aspekten aufmerksam zu beobachten.

Oft ist es so, dass der Meditierende irgendwann feststellt, dass sich die Achtsamkeit aus der Meditation ganz von allein auch auf die Alltagsbereich überträgt, man sensibler und feinfühliger wird, sich die Wahrnehmung ausdehnt und immer mehr Bereich des eigenen Lebens umfasst.

Achtsamkeit braucht Übung

Wie die meisten Dinge im Leben braucht auch Achtsamkeit eine gewisse Bereitschaft sich der Realität und dem Jetzt zu stellen. Nicht immer gefällt uns, was wir sehen, hören, fühlen.

Achtsamkeit, so heisst es immer wieder, muss trainiert werden wie ein Muskel. Auch ein Muskel wächst nicht von allein, sondern braucht stete und dauerhafte Zuwendung. Daher ist es unerlässlich kontinuierlich zu üben. Lass Dich nicht abschrecken, wenn Dir das Achtsam-bleiben zu Beginn schwerfällt. Überall im Alltag lauern Dinge, die unsere Aufmerksamkeit beanspruchen und unseren Fokus abziehen vom jetzigen Augenblick. Körperliche Kondition ist auch nicht über Nacht aufgebaut. Ähnlich verhält es sich auch mit der Achtsamkeit. Bleib dran. Es lohnt sich definitiv und vor allem langfristig.

Achtsamkeitsübungen helfen gerade zu Beginn der Praxis dabei, die eigene Aufmerksamkeit auszubauen. Sie bieten eine kleine Richtung und geben Hilfestellung, unterstützen dabei den Fokus zu halten und gleichzeitig alte Verhaltens- und Denkmuster loszulassen.

Hier gehts zu meinen Achtsamkeitsübungen. Diese sind zu einem Teil auch inspiriert durch OSHO, Eckhart Tolle und Jon Kabat-Zinn. Schau einfach mal dort vorbei. Die Übungen eigenen sich dafür, sie jeweils für eine Woche zu praktizieren und die damit gemachten Erfahrungen zu integrieren. Wenn möglich, stell Dich jeder Art von Übung. Bewerte sie nicht bereits im Vorfeld. Jede Erfahrung ist wichtig, jede Erfahrung erweitert unseren Horizont und hilft uns unsere Wahrnehmung zu differenzieren. Und gerade die Übungen, die wir auf den ersten Blick ablehnen, können die sein, die wir gerade brauchen.

♥ Ich wünsche Dir viel, viel Freude beim achtsam sein! Du wirst sehen, wie schnell und leicht sie Dein Leben bereichern. ♥

 

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