Spirituelle Praxis wird von Menschen oft auch mit Askese und Verzicht in einen Topf geworfen. Doch die Praxis der Achtsamkeit zeigt uns eine neue Art auf, Genuss in unser Leben zu bringen, ohne einer vielleicht bestehenden Verzichtspraxis entgegenzustehen. Genuss kann so zu einer völlig neuen Erfahrung sein und selbst die banalsten, einfachsten Dinge wertvoll erscheinen lassen.
Genießen liegt in der Achtsamkeit
Genießen ist eine ganz wichtige Sache. Wir alle brauchen Zeiten, in denen wir auch mal genießen können. Aber genießen ist erst richtiges Genießen, wenn man genießt, was man tut. Das klingt logisch, oder?! Und vor allem klingt es ganz einfach. Wir alle genießen immer mal irgendwas. Meinen wir zumindest. Aber genießen wir wirklich?
Wir genießen ein Essen, während wir nebenbei einen Film laufen haben. Wir genießen die Fahrt im Zug und lesen dabei. Wir genießen einen Spaziergang und haben Musik im Ohr. Was davon jeweils genießen wir also, wenn wir mehrere Dinge gleichzeitig tun? Oder genießen wir keins von beidem, weil unser nicht-multitaskingfähiges Gehirn nicht beides auf einmal genießen kann?
Genießen setze ich mit einer gewissen Achtsamkeit gleich. Und achtsam ist man erst, wenn man sich voll und ganz auf EINE einzige Sache konzentriert und sich dieser zu 100% widmet. Dann ist man nicht nur achtsam im Moment und genießt, was man tut, sondern die Handlung bekommt auch gleich noch einen meditativen Charakter: Du bist vollkommen im Hier & Jetzt, Du bist wach, präsent und nimmst mit all Deinen Sinnen wahr, was geschieht.
Genießen, und zwar immer nur eine Sache
Da es unserem Wesen sowieso zuträglich ist die Dinge immer einzeln zu erledigen und ganz bei einer Sache zu sein, lade ich Dich in dieser Achtsamkeitsübung für diese Woche ein, Dir jeden Tag eine Sache aus Deinem normalen Tagesablauf, herauszusuchen, die Du mit absoluter Wachheit und Achtsamkeit genießt.
Genießen braucht nicht viel Zeit
Nimm Dir zum Genießen Raum und Zeit, es muss auch nicht viel sein. Du kannst Dir sicher vorstellen, dass man in Hast und Hektik schlecht genießen kann. Es muss dennoch nicht lange dauern, so etwa mindestens 10 Minuten reichen aus (nach oben hin ist natürlich alles offen).
Such Dir die Situation selbst aus, alles eignet sich dafür
Natürlich darfst Du Dir gern eine Handlung heraussuchen, die Dir angenehm erscheint. Zum Beispiel das Stück Kuchen zum Vesper. Setz Dich also hin, nimm Dir nichts anderes vor als mit all Deinen Sinnen dieses Stück Kuchen zu verzehren. Schau und höre Dir dabei nichts an, lass Dich nicht ablenken von Gesprächen. Wenn Du nachmittags Deine Kaffee-Runde mit anderen Menschen teilst, lade sie gern dazu ein mit Dir gemeinsam achtsam zu sein und Kaffee und Kuchen zu genießen. Du kannst auch einen Spaziergang genießen, indem Du ausschließlich nur spazierst, ohne etwas anderes dabei zu tun und ohne ein Ziel zu haben, einfach läufst und Dich von Dir und Deinem Höheren Selbst leiten lässt. Gehe einfach nur, nimm wahr, wie sich der Wind auf Haut und Haar anfühlt, wie sich der Boden unter Deinen Füßen anfühlt, wie die Luft riecht. Oder Du liest achtsam in dem Buch, das Du momentan sowieso liest, nimmst jedes Wort wahr, das Dir begegnet und was das Gelesene mit Dir macht, wie es Dich emotional bewegt. Oder Du genießt die Dusche nach Feierabend oder das Wannenbad am Abend. Deiner Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt und Du musst für diese Übung nichts in Deinem Alltag extra initiieren (außer Du möchtest das natürlich gerne). Du kannst Dir für diese Übung etwas heraussuchen, das Du sowieso tun würdest. Nur tust Du es achtsam und bewusst.
Übertrage die Achtsamkeit auf eine Situation, die nicht generell zum Genießen einlädt
Ich bitte Dich, am Ende der Woche (die letzten 1 – 2 Tage) diese Übung mal auf eine Situation zu übertragen, die eigentlich, auf den ersten Blick betrachtet, nicht zum Genießen einlädt. Je nachdem, wie man selbst die Sache empfindet, kann da das Empfinden stark schwanken. Also übertrage das Genießen beispielsweise mal auf die Erledigung des Abwaschs, das Aufhängen der Wäsche, das Zubereiten einer Mahlzeit. Lege dieselbe Achtsamkeit in diese alltägliche häusliche Verpflichtung und schau, was passiert.
Kannst Du auch das Genießen? Ist es Dir möglich, die Empfindungen des Genießen auf diese Tätigkeiten zu übertragen?
Denn auch alltägliche Haushaltspflichten können auf diese Weise einen meditativen Charakter bekommen. Gemacht werden müssen sie ja sowieso. Und die Wahl liegt nun bei Dir, ob Du diesen Tätigkeiten weiterhin Groll entgegenbringt für die Tatsache, dass Du sie erledigen musst oder ob Du ihnen mit Achtsamkeit begegnest und auch noch einen positiven Effekt dadurch erfährst.
Achte während der Übung auf Dich
Nimm Dir für den Anfang immer erst einmal nur eine Sache pro Tag vor (bist Du schon etwas geübter mit Deiner Achtsamkeit oder magst Du es gleich herausfordernder, dürfen es natürlich gern auch mehr sein) und achte bitte darauf, dass Du bei Nicht-Gelingen nicht in die Selbstabwertung verfällst. Es ist in Ordnung, wenn Du merkst, dass während der Übung die Achtsamkeit immer mal wieder verfliegt und Du sie bewusst wieder aufbauen musst, Du Deine Gedanken vielleicht wieder zurückholen musst zu der Sache, die Du gerade tust. Das ist ganz normal. Nicht-Gelingen ist kein Thema. Es ist immer gut so wie es Dir gelingt.
Und denke immer daran: Achtsamkeit ist wie ein Muskel, der erst trainiert werden muss. Aber es wird von Mal zu Mal besser.
♥ Ich wünsche Dir von Herzen viel Freude beim Geniessen. ♥