Ich erlebe oft, dass Menschen beim Thema Kreativität erst einmal zusammenzucken und zurückschrecken. Ich bedauere diese Reaktion sehr und stelle fest, dass es viele Missverständnisse zu diesem Thema gibt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was es heisst, mit dem scheinbar unerschöpflichen Ideenreichtum anderer konfrontiert zu sein und sich selbst daneben einfallslos und unkreativ zu fühlen. Ich habe in den vergangenen 20 Jahren nur bedingt mit Kreativität und Kunst als solcher zu tun gehabt, habe heute noch immer nicht wirklich mehr damit zu tun. Aber gleichzeitig irgendwie doch, nur weil sich mein Verständnis von diesen Begriffen komplett gewandelt hat.
Viele Menschen scheuen das Wort „Kunst“. Wie für mich viele Jahre meines Lebens, ist auch für sie Kunst etwas, das nur Künstler können. Doch was ist eigentlich ein Künstler? Ein Mensch, der von seiner Kreativität leben kann? Ein Mensch, der den ganzen Tag vor sich hinwerkelt, „herumkünstlert“ und dabei Dinge erschafft, die man als „Normalsterblicher“ hoffentlich zu deuten versteht? Etwas, das einem als Betrachter (in welcher Form auch immer betrachtet wird, schließlich kann man beispielsweise auch akustisch betrachten) etwas sagt, vermittelt, etwas in einem auslöst, das hoffentlich nicht nur Unbehagen, Verwirrung oder gar Wut ist? Ein Philosoph in Wort, Bild, Ton und/oder Bewegung?
Und was sind dann all die anderen kreativen Geister, die etwas erschaffen, kreieren und von sich in dieser Welt etwas zurücklassen? Sind sie weniger Künstler und Kreative, nur weil das, was sie erschaffen, daheim in ihren Schubladen und Zeichenmappen verschwindet? Weil ihre Gedichte und Lieder ungehört bleiben? Weil ihre Geschichten niemand lesen kann? Was ist mit all den Alltagsideenreichen? Sind auch sie weniger Künstler, weil das, was sie erschaffen, zu alltäglich ist, um sich zu erlauben auch das Kunst zu nennen? Weil es dem allgemeinen Auge nicht genug schmeichelt, es den Geschmack der Masse nicht trifft? Sind nicht auch schon Künstler mit Werken bekannt geworden, die schon auch als „speziell“ und „eigenwillig“ bezeichnet werden konnten? Braucht man zwingend einen Namen als Künstler? Was macht Kunst zu Kunst, wenn doch Kreativität alles ist?
Kreativität ist alles
Kreativität ist ein rein schöpferischer Akt. Kreativität ist alles. Und wiederum ist alles Kreativität. Sie ist unendlicher Raum. Und sie hat unendlich viele Gesichter, Ausdrucksmöglichkeiten, Formen, Farben und Klänge. So individuell wir als Menschen sind, so individuell sind wir auch in unserem künstlerischen und kreativen Ausdruck. Vielmehr ist es doch so, dass wir selbst in unserem Kopf festgelegt haben, was für uns Kunst ist. Das kann in unserer Kindheit entstanden sein, wenn unsere Eltern mit uns Museen und Ausstellungen besucht haben. Ebenso kann die Schulbildung unser Verständnis geprägt haben. Es gibt sicher einige unsensible Kunstlehrer an Schulen, die nur deswegen Kunstlehrer geworden sind, weil sie selbst irgendwann auf ihrem Weg einmal beigebracht bekommen haben, nicht zum Künstler zu taugen. Sie haben zwar Ahnung, sie wissen, von was sie reden, sie verstehen ihr Fach bis ins kleinste Fitzelchen und sie können auch wirklich etwas. Jedoch sind ihnen selbst irgendwann einmal von unsensiblen Menschen die künstlerischen Flügelchen gestutzt worden, ihr inneres Kind hat Kritik und Zurückweisung erfahren und dadurch den Glauben angenommen als Künstler nicht gut genug zu sein. Und um dann wenigstens, als letzte Rettung, überhaupt in diesem beruflichen Genre irgendwie Fuß zu fassen, entschieden sie sich für den Zweig des Kunstlehrers und leben dort dann nicht selten und völlig unbewusst über die eigentlich dahinter ablaufenden Mechanismen, ein Schattenkünstlerleben. Dort leben sie nun all das aus, was ihnen selbst irgendwann einmal in ihrem Leben widerfahren ist: Sie machen klein, kritisieren, bewerten und sprechen vor allem wahres Talent ab.
Damit „vererben“ sie Anderen, was sie selbst erfahren und erleiden mussten, geben ihre Blockaden weiter sich kreativ auszudrücken und nehmen Anderen die Möglichkeit aus sich selbst heraus wirksam sein zu können.
Doch wie kann kreativer Ausdruck überhaupt Bewertung finden? Ist nicht immer gut, wie sich ein Mensch ausdrückt? Und selbst wenn er sich nicht kreativ ausdrückt, zeigt das doch nur, wie groß die Blockade im Innern ist und darf nicht zusätzlich noch bewertet werden. So entstehen weitere Blockaden, die den Menschen nur von sich selbst entfernen, statt sich ihm wieder näherzubringen. Und daher ist Kunst für uns meist etwas, das wir (angeblich) nicht können. Was können wir daran nicht, wenn doch aber jeder von uns von Grund auf kreativ ist?
Kreativität ist eine Herzensangelegenheit
Künstler leben aus ihrem Herzen heraus. Aus ihrer Seele. Sie haben Zugang zu ihrem Unbewussten, entweder wiedergefunden oder aus der Kindheit niemals wirklich ganz verloren. Sie haben den Kanal gefunden, auf dem sich diese Anteile ihres Selbst durch sie ausdrücken. Sie stehen sich näher als es die meisten Menschen tun, weil sie wissen, was sie brauchen, um sich ausdrücken zu können. Sie haben einen Weg gefunden ihre Energien sinnvoll zu nutzen und umzulenken. Egal, was in ihnen vor sich geht, sie haben die Möglichkeit, ihrem Innersten Ausdruck zu verleihen. Und der Mensch ist nun mal ein Ausdruckswesen. Wir sind Erschaffer, kreative Schöpfer. Niemand von uns schafft zu leben, ohne etwas zu erschaffen. Und immer hat Erschaffen auch mit Kreativität zu tun.
Jeder Mensch ist auf seine ganz individuelle Weise kreativ
Und egal, welchen Weg und welche Weise wir uns dafür erwählen (und ich würde behaupten, die erwählen wir nicht selbst, sondern es ist in uns angelegt, was unsere wahre kreative Ausdrucksweise ist, auch wenn wir natürlich alle anderen Ausdrucksweisen ausprobieren und uns darin auch wohlfühlen dürfen), wir sind doch einzigartig darin. Vorausgesetzt natürlich, wir finden den richtigen Kanal für uns, finden unsere ganz eigene Art uns auszudrücken und versuchen nicht zu sein wie andere. Denn das haben wir nicht nötig. Hat uns doch das Universum, die Natur, Gott, wer auch immer und wie auch immer Du es für Dich bezeichnen oder glauben möchtest, eine völlig individuelle und unverwechselbare Weise uns auszudrücken mit auf die Welt gegeben. Mag diese der Ausdrucksweise Anderer vielleicht ähneln, doch wird sie in ihrer Ursprünglichkeit niemals gleich sein. Wie könnte sie auch. Ist doch Kreativität unmittelbar mit unseren Emotionen verbunden. Jeder empfindet etwas dabei, wenn er erschafft, auch wenn das beinahe wie im Rausch stattfindet. Und die entstandenen Werke sind hinterher auch von diesen Gefühlen geprägt und beeinflusst. Wie also könnten wir dieselben Dinge erschaffen?! Wir könnten niemals Konkurrenten füreinander sein, selbst dann nicht, wenn die Hälfte der Menschheit zeichnen und malen würde. Doch ist der kreative Ausdruck, an dem sich der Mensch bedienen kann, weitaus größer. Und alles ist möglich. Gibt es nicht immer wieder Dinge, über die wir staunen? Und da geht es für den Einzelnen nicht zwingend darum etwas Einmaliges und niemals zuvor Dagewesenes zu erschaffen, sondern nur darum sich selbst Ausdruck zu verleihen, wie auch immer sich das eigene Höheres Selbst ausdrücken mag.
Wir alle haben das Recht und die Pflicht kreativ zu sein
Und dieses „Recht“ ist nicht nur bestimmten Menschen vorbehalten. Nicht nur den Menschen, die wir als Künstler bezeichnen, die in unseren Augen Künstler darstellen. Sondern das darf, kann und sollte jeder Mensch tun. Auf welche Weise auch immer. Es wohnt uns allen inne. Wir alle haben diese Gabe in uns angelegt. Wir brauchen nur den Zugang dazu zu finden und uns sind keine Grenzen mehr gesetzt. Wir dürfen aufblühen, zu uns selbst heimkommen und eins werden mit der göttlichen Schöpferkraft, die allem innewohnt, weil wir uns in jedem schöpferischen Akt unmittelbar mit dem Universum verbinden und der Urquelle allen Lebens verbinden.
♥ Werde wieder kreativ, scheue Deine Ausdruckskraft nicht und komm wieder heim zu Dir selbst. ♥