Wenn man sich entscheidet es mit dem Meditieren im Alleingang zu versuchen (oder man war schon mal zu einem Meditationskurs, hat erleben dürfen, wie es funktioniert und möchte es dann auch daheim für sich allein umsetzen), ist man sich anfangs unsicher, was man zu tun hat. Einfach nur auf einem Kissen zu sitzen, wirkt irgendwie zu simpel als das das schon das ganze Geheimnis hinter dieser uralten, fernöstlichen Methode sein könnte, die – wie manche Bücher beschreiben – sogar zum Erwachen führen kann.
Vielleicht hast Du auch schon Bücher über Meditation gelesen, bist nach all den Anleitungen über Sitzpositionen, Handhaltungen und Atembeobachtung sicher, was zu tun ist. Die Anweisungen klingen nicht besonders schwierig. Schließlich muss man nur sitzen, den Atem fokussieren und beobachten, was passiert.
Und dann geschieht das Erstaunliche: Es passiert alles und zugleich nichts.
In einer einzigen Meditationssitzung kann Dir alles mögliche begegnen. Ruhe, Gelassenheit, Gefühle tiefer Zufriedenheit, Freude und Glück, tiefe Einsichten in das eigene Wesen, das Wesen aller Dinge im Leben. Aber natürlich auch Langeweile, Aufregung, Unruhe, Schmerzen, Gedanken über Gedanken, innerer Dialog, Ungeduld, Gefühle von Trauer, Wut oder Verzweiflung oder gar Gedanken der Sinnlosigkeit des Unterfangens.
Vielleicht kennst Du das: Schnell fragt man sich dann, was eigentlich zu tun ist. Man versucht sich zu erinnern, wie die Anweisungen lauteten. Man ist dann schnell im Zweifel, ob man etwas falsch macht. Und schnell ist man dann geneigt sich noch doller zu konzentrieren. Man schallt sich innerlich für das wenige Durchhaltevermögen, das man an den Tag legt oder gar für die auftretenden Schmerzen in manchen Körperregionen. Ist wütend auf sich, dass man nicht einmal diese leichte Übung des einfach nur Dasitzen hinbekommt.
Diese Zweifel sind völlig normal! Doch ist Sitzen allein ja noch keine Meditation. Deshalb möchte ich Dich mit ein paar wichtigen Tipps in Deiner Enstellung zur Meditation und während des Sitzens unterstützen.
In meinen Augen sind die folgenden Ratschläge über den Umgang mit sich selbst und der Meditation als solches viel wichtiger als die reinen technischen Anleitungen, wie man zu sitzen und was man zu beobachten hat. Denn diese Ratschläge helfen Dir Dich selbst besser zu verstehen, erlauben Dir ein tieferes Verständnis für Dich und Dein Sein und vor allem steigern sie Deine Liebe zu Dir selbst. Dich anzunehmen, wie Du bist, anzunehmen, was auch immer Dir in der Meditation begegnet, sei dies nun (in Deiner Bewertung!) positiv oder negativ.
Tipp 1: Sei absichtslos und ohne Erwartungen
Wenn Du Dich zum Meditieren niedersetzt, sei so erwartungslos wie Du kannst. Und das immer wieder aufs Neue. Selbst, wenn Du schon seit längerer Zeit meditierst. Schließe niemals von vergangenen Meditationserfahrungen auf die heutige Sitzung. Begegne ihr immer wieder neu. Sitze da ohne jede Absicht und verfolge kein anderes Ziel als das einfache Sein. Es gibt nichts zu erreichen.
Setz Dich hin und warte, was geschieht. Gib der Meditation die Gelegenheit zu Dir zu kommen und in ihrem eigenen Tempo als auch in ihrer eigenen Weise zu verlaufen. Die Meditation selbst ist der Lehrmeister und wird Dich unterweisen in den Dingen, die gerade in dem jetzigen Moment für Dich wichtig sind.
Lass alle vorgefertigten Meinungen, Vorstellungen und Erwartungen zum Thema Meditation vollständig los und gib Dich absolut der reinen Erfahrung hin.
Tipp 2: Sei sanft mit Dir selbst und setze Dich nicht unter Druck
Nimm Dich liebevoll an in jeder einzelnen Meditation, die Du auf Deinem Kissen verbringst. Egal, was auftaucht, nimm an, was ist und wer Du bist. Du magst nicht perfekt sein. Aber wer ist das schon. Bzw. sind wir nicht alle perfekt, genauso wie wir sind???
Wenn das erst einmal schwierig klingt, frage Dich doch mal, wohin es Dich gebracht hat, mit Dir selbst unzufrieden zu sein und hart mit Dir selbst ins Gericht zu gehen? Hat es Dein Leben verbessert? Dich glücklicher gemacht? Wohl eher nicht. Im Gegenteil, es hat dazu geführt, dass Du noch härter an Dir arbeiten willst, disziplinierter sein willst, besser werden willst. Das „Ich bin nicht gut genug“-Syndrom ist beinahe chronisch in unserer leistungsorientierten Gesellschaft und führt nur zu Stolz, Neid, Ablehnung, Wut und Auseinandersetzung. Es lässt die Kluft zwischen den Menschen größer werden und schneidet jeden einzelnen von ihnen von seinem wahren Sein ab.
Lerne, Dich anzunehmen, so wie Du bist. Es gibt nichts an Dir, das anders sein muss. Das Werden und Sein fängt erst einmal nur bei Dir selbst an, bei der Liebe zu dem, der Du selbst bist.
Tipp 3: Sei geduldig und gib Dir und der Meditation Zeit
Es gibt in der Meditation keine Eile. Man kann sie nicht zwischendurch einfach mal so fix einschieben und dabei ständig die Uhr im Blick haben. Die Meditation verfolgt große Ziele (auf ein Leben gesehen). Und große Ziele brauchen ihre Zeit zur Entfaltung. Also nimm Dir diese Zeit und sitze auf Deinem Kissen als hättest Du den ganzen Tag Zeit dafür und nichts anderes wäre mehr danach geplant. Das hilft Dir auch die Gedanken an mögliche Termine und Tätigkeiten, die im Tag noch folgen im Zaum zu halten.
Tipp 4: Lass los und komme in den Flow
Entspanne Dich, was auch immer auftauchen mag in der Sitzung. Halte nichts fest. Halte nichts fest von dem, was vor der Meditation geschehen ist. Nichts, was danach im Tag noch folgen soll und auch nichts von dem, was Dir in der Meditation begegnet. Egal, ob es sich dabei um positive oder negative Phänomene handelt. Fließe mit den Geschehnissen und Deinen Erfahrungen.
Tipp 5: Akzeptiere alles, was Dir in der Meditation begegnet
Was auch immer auftaucht, nimm es an. ich habe es oben eingangs bereits kurz erwähnt: Alles ist möglich. Es können Dir in der Meditation Gefühle oder Gedanken begegnen, die Du entweder als gut oder schlecht einordnest. Akzeptiere, was kommt. Selbst die Dinge, die Du nicht magst und die Dir Unbehagen verursachen. Nimm alles an. Verurteile nichts, was auftaucht und verurteile Dich vor allem selbst nicht dafür. Denke auch hier immer wieder an die Liebe zu Dir selbst. Sie ist die Grundvoraussetzung dafür, dass der meditative Zustand zu Dir kommt.
Betrachte alles, was auftaucht, als völlig natürlich. Sei zu jeder Zeit unvoreingenommen und offen für alle Erfahrungen. Betrachte nichts als selbstverständlich. Egal, was Du über Meditation gelesen oder gehört hast oder was Dir jemand darüber erzählt hat. Überzeuge Dich von allem selbst. Benutze Deine eigene Wahrnehmung, denn Du machst Deine eigenen Erfahrungen. Die können den Erfahrungen anderer ähneln, müssen es aber nicht. Jeder kann in ein- und derselben Meditation unter ein- und demselben Lehrer und der selben Anleitung total unterschiedliche Erfahrungen machen. In der Meditation ist nichts auf die Masse anwendbar, was die Erfahrungen und Erkenntnisse angeht.
Sei wach und achtsam, die ganze Meditation über. Bleib stets neugierig und offen für alles.
Tipp 6: Halte aufkommende Gedanken und Gefühle nicht fest
Die Zeit auf dem Kissen ist unterschiedlicher Qualität (zumal natürlich auch dies nur eine höchst eigene, subjektive Betrachtung ist). Erst einmal ist jede Erfahrung neutral. Erst unsere menschliche Bewertung macht sie zu einer positiven oder negativen Erfahrung. Sitzt man da so auf seinem Kissen, wird einem schnell bewusst, wie sehr wir in dem Strudel von Gedanken und Gefühlen gefangen sind. Es liegt in unserer menschlichen Natur, dass unser Geist niemals stillsteht. Grüble also nicht und lass Dich von Deinem Kopf nicht in die Wirren der Denkerei verstricken. Sei Dir versichert, jedem anderen Menschen geht es genauso. Der Geist produziert Gedanken, ohne unser Zutun. Bleibe daher bei der reinen Erfahrung, dass Gedanken kommen und auch wieder gehen. Dass sich die Themen wechseln. Und dass sie auch von Gefühlen begleitet sind, die uns zwar beeinflussen, aber mit dem jetzigen Moment gar überhaupt nichts zu tun haben.
Befreie Dich aus der Knechtschaft des Verstande und bleib offen.
Tipp 7: Betrachte Dich als individuell und einzigartig
Im Leben leben wir hauptsächlich im Vergleich. Wir sind soziale Wesen und ab dem Grundschulalter setzt das Vergleichen ein, ein gewisses Konkurrenzdenken wird geboren, das manche gesellschaftliche Institutionen und Begebenheiten leider auch noch zu fördern scheinen. Betrachte Dich zu jeder Zeit als so einzigartig, wie Du tatsächlich bist. Es gibt keinen Grund so schön wie jemand anders sein zu wollen (was ja so auch wieder nur eine subjektive Betrachtung ist. Schließlich lässt sich unsere eigene Schönheit ja gar nicht vergleichen mit der eines anderen Menschen. Und wer hat überhaupt das Recht dies zu beurteilen? Zumal wir alle gleich schön sind in unserem Mensch-Sein!). Lass fallen Reichtum oder Besitz zu vergleichen, Intelligenz, Alter, was auch immer.
Du bist Du! Und Du bist perfekt wie Du bist. Du bist richtig. Du brauchst nichts anderes und Du brauchst niemand anders zu sein. Du machst und bist genauso wie es in Deinem Wesen liegt.
Ich hoffe, damit fällt Dir allein schon das Sitzen in der Stille demnächst ein wenig leichter und hilft Dir grundsätzlich zur Ruhe und zu Dir selbst zu finden, auf das Deine Meditation Fortschritte macht und Du Dich wohl in ihr fühlst, ankommst und mit ihr wächst.